Aus den Händen von Superintendentin Martina Espelöer konnte der passionierte Fahrradfahrer Pfarrer Dr. Gottfried Abrath bei dem Festgottesdienst anlässlich seiner Verabschiedung eine Fahrradklingel mit Kompass entgegennehmen. Einen Kompass braucht Abrath höchstens für das was noch kommt, wobei er schon konkrete Pläne hat. Fahrradfahren und sich um die Familie, vorrangig die Enkel kümmern, steht dabei ganz oben auf der Liste.
Einen Kompass hatte Abrath auch seiner Zeit, als er sich entschied, Pfarrer zu werden. Gott leitete ihm den richtigen Weg, den er auch nie bereut hat, wenngleich sich über die Jahre vieles verändert hat.
1960 im Kreis Wetzlar geboren, entschied sich Abrath, der aus einer Pfarrersfamilie stammt, für das Studium der Theologie und Geschichte in Münster. Er promovierte als Historiker. Dass er dann doch Pfarrer wurde, war eher eine Fügung als Berufung.
Nach fünf Jahren als Pfarrer in Münster kam Abrath, der mit Ehefrau Marlene drei Kinder hat, dann nach Iserlohn – und blieb. Und das sage und schreibe 29 Jahre in ein und der selben Gemeinde. Er hat in dieser Zeit die Erlöserkirchengemeinde liebgewonnen und sie ihn. Unzählige Menschen begleitete er in all den Jahren, sei es bei der Taufe oder auch in den schweren Stunden am Sterbebett. Der persönliche Kontakt zu den Menschen war Abrath stets das Allerwichtigste, wobei er gerade den Kontakt zur jungen Generation beispielsweise den Konfirmanden besonders schätzte.
Auch wenn der Aufwand größer wurde, die Seelsorge und Verkündung betrieb Abrath immer Leib und Seele – ein Pfarrer zum Anfassen eben. Aber nicht nur die Kontaktfreudigkeit zeichnet den Menschen Abrath aus. Einerseits ist da sein Umweltbewusstsein – das ihn zum Umweltbeauftragter des Kirchenkreises machte. Andererseits ist er bekannt für seinen unermüdlichen Einsatz in der Flüchtlingsarbeit mit der Gründung des Café International und dem Kirchenasyl, welches er in der Erlöserkirche gewährte. Und dann ist da noch der unbändige Wissensdurst, gerne lernte er dazu und schrieb einige Vorträge, die noch darauf warten, gehalten zu werden. Vielleicht kann er den Ruhestand, der ab Anfang August beginnt, dafür nutzen, einige davon noch zu halten.
Wobei Abrath scheinbar eigentlich gar nicht gerne im Rampenlicht steht. Im Verabschiedungsgottesdienst präsentierte er sich bescheiden und die Standing Ovations waren ihm eher unangenehm.
Unzählige Freunde, Kollegen und Wegbegleiter sowie die Familie hatten sich in der Erlöserkirche eingefunden, um den Moment mitzugestalten und mitzuerleben. Presbyter Ralf Micha oblag es, die Festgemeinde willkommen zu heißen und auch den „Special Guest“ Abrath zu begrüßen. „Wir hauen heute alles raus, was wir zu bieten haben“, versprach Micha ein vielseitiges Programm und behielt damit recht. Der Wunsch nach einem leisen Verschwinden war somit für Abrath nur bedingt erfüllbar.
„Danke, dass ihr da seid“, bedankte sich Abrath selbst zu Beginn der Predigt bei allen Anwesenden und war sichtlich überwältigt. In der Predigt ließ er seinen Berufsweg noch einmal Revue passieren. Der Finger Gittes habe ihm den Lebensweg gewiesen. „Dieser Beruf ist wunderbar“, so Abrath. In Bezug aufs Predigen unterstrich er, dass er ja nur stets das predigen und sagen könne, was er selbst glaube. Danach ging er auf den barmherzigen Samariter ein und stellte die Frage, was überhaupt Barmherzigkeit sei. Am Ende kam er zu dem Schluss, dass Barmherzigkeit nur gemeinsam erreichbar sei. Gemeinsam mit der Gemeinde hat Abrath über die Jahre auch viel erreicht.
Musik ist auch eine Leidenschaft des scheidenden Pfarrers, spielt er doch selbst Gitarre. Und deshalb durfte die Musik natürlich auch nicht zu kurz kommen. Der seinerzeit von Abrath gegründete Chor „Outta Limits“ trat auf. Ebenfalls mit dabei der Posaunenchor, bei dem Musiker eigens aus Wuppertal anreisten. Musikalisch verabschiedete sich auch die evangelische Kindertagesstätte „Hand in Hand“ vom Pfarrer. Des Weiteren wirkten neben dem „Joyful“-Chor auch noch mehrere Solisten mit.
Berührend war auch der Moment als Presbyter Stefan Ghafur, der als Flüchtling seinerzeit in der Erlöserkirche Asyl fand, mit anderen Flüchtlingen, die Abrath viel zu verdanken habe, das Wort ergriff und sich von Herzen bedankte.
Pfarrer i.R. Albert Henz und Pfarrer i.R. Martin Legler hatten sich gemeinsam mit Superintendentin Martina Espelöer auf die Entpflichtung vorbereitet. „Und Gott, der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte“, mit diesem Vers aus dem ersten Buch Mose (2,15) leitete Martina Espelöer ihre Ansprache ein. Sie unterstrich, dass gerade Abrath, den sie als „Umweltpfarrer“ betitelte, dieser Aufgabe mehr als gerecht wurde. Er habe sich über die Grenzen Iserlohns hinaus einen Namen gemacht. Espelöer betonte auch, dass es Abrath stets ein Anliegen war, gemeinsam Seite an Seite mit den Menschen etwas anzupacken. Aber auch die theologische Sichtweise Abrath schätzte Espelöer sehr und sie diskutierten in der Vergangenheit mehrfach über die Auslegung gewisser Bibelstellen. „Ein gebildeter Pfarrer mit einem Herzen bei den Menschen und der Schöpfung, nahbar und freundlich, fragend und Gemeinschaft stiftend“, fasste die Superintendentin die Eigenschaften Abraths zusammen.
Wie geht es jetzt nach dem Abschied Abraths für die Erlöserkirchengemeinde weiter? Die Gemeinde ist zusammen mit der Johanneskirchengemeinde am Nußberg und der Maria-Magdalena-Gemeinde in der Heide und in Sümmern eine pfarramtliche Verbindung eingegangen. Gemeinsam will man Synergieeffekte nutzen. Pfarrerin Gabriele Watermann, Pfarrer Tom Mindemann und Pfarrer Christian Mayer agieren dabei zusammen mit dem Gemeindepädagogen Daniel Stadie.