Zum Inhalt springen

Und bleiben Sie zuversichtlich

Kommt Ihnen der Satz irgendwie bekannt vor? Sie kennen ihn vielleicht als Schlusssatz von Ingo Zamperoni aus den Tagesthemen. Es ist kein Bibelspruch. Obwohl? Eine Quintessenz der Frohen Botschaft des Evangeliums ist er allemal. Und an diesem Sonntag, im Gottesdienst in der Friedenskirche in Letmathe, zur Einführung von Pfrn. Ruth Hansen, wurde die gute Botschaft in mehrfacher Hinsicht erneut verkündet.

“There’s a meeting here today. I know the Lord will come and bless!”

“Heute ist hier ein besonderes Treffen und ich weiß, Gott wird da sein und segnen!“, lautet der Vers aus dem gleichnamigen Spiritual in freier Übersetzung, das der Posaunenchor Letmathe unter der Leitung von Daniel Fellmann zutreffend im Gottesdienst intonierte.

Menschen strömen in die Kirche. Sie möchten dabei sein und sie begleiten, wenn die Pfrn. Ruth Hansen in ihre kreiskirchliche Pfarrstelle für Vertretungsaufgaben, mit dem gegenwärtigen Schwerpunkt in Letmathe und der Pfarramtlichen Verbindung Christus, Emmaus und Letmathe, offiziell eingeführt wird. Und da die Pfarrstelle an zwei Kirchenkreise mit Schwerpunkt Kirchenkreis Iserlohn angegliedert ist, wird die Einführung nicht nur durch den Superintendenten des Kirchenkreises Iserlohn Pfr. Oliver Günther vorgenommen, sondern auch vom Vertreter des Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg, dem stellvertretenden Scriba Pfr. Dirk Pollmann.

„Du hast das Leben allen gegeben; gib uns heut dein gutes Wort!“
Aus: „Dich rühmt der Morgen“, das im Gottesdienst, begleitet von Kirchenchor Letmathe, unter der Leitung von Christian Otterstein, gesungen wurde.

Fast ist es wie ein „Klassentreffen“. Martin Kramer, Presbyter der Kirchengemeinde Letmathe, kann nicht nur Gottesdienstteilnehmerinnen und Teilnehmer aus den drei Gemeinden begrüßen, in denen Pfrn. Ruth Hansen seit ca. einem Jahr, unter anderem auch als Vorsitzende des Presbyteriums Letmathe tätig ist, sondern auch die von weiter her. Familie und dann etliche Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter aus den vielen Jahren der mannigfaltigen Aufgaben mit denen Pfrn. Ruth Hansen im Kirchenkreis Iserlohn seit 1996 gewirkt und ihn mitgestaltet hat. Sie wurden wie auch ihr Pfarrerinnenleben, vom Superintendenten Pfr. Günther in seiner Ansprache hervorgehoben und gewürdigt, das ganz eng mit den Glaubensüberzeugungen von Recht und Gerechtigkeit, Güte, Wahrheit und Liebe des Eingangspsalms 36 verbunden ist.

„Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge“ Ps. 36

Ruth Hansen wollte Theologie studieren und dann auch Pfarrerin werden. Doch in ihrer ehemaligen Heimatkirche, der SELK, der Selbständigen Ev.-Luth. Kirche, geht das nicht. Und so fand sie den Weg in die Landeskirche, denn die Rolle der Frau in der Kirche ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Die Grundlagen für ihren Glauben und dem daraus resultierenden Engagement fand Ruth Hansen nicht nur in der Bibel, sondern gerade auch in der feministischen, sowie der Befreiungstheologie, die ihren Glauben und ihre eigene Theologie maßgeblich geprägt haben.

„‚Der rebellische Geist in dir‘ – hat uns gutgetan, beflügelt. Nach vorne gebracht. Gut so! Du hast beharrlich und konsequent diese Perspektive deines Glaubens in deine Kirche eingetragen. Und deinen Platz gefunden.“, konnte ihr Superintendent Pfr. Günther ihr in seiner Ansprach zurufen.

„Du Gott hilfst Menschen und Tieren“ Ps. 36

So war es auch nur folgerichtig, dass Pfrn. Hansen sich seit vielen Jahren in der Frauenarbeit engagiert, Gleichstellungsbeauftragte im Kirchenkreis wurde, den Lila Salon, einer speziellen Gottesdienstform für Frauen, mitgestaltete und mit einer Ausbildung zur Psychologischen Beraterin und Systemischen Therapeutin (SG) in der Ehe-/Paar- und Lebensberatung der Diakonie Schwerte arbeitete, um Menschen in Lebenskrisen zu unterstützen.

Denn darin kann sich unser Glaube besonders zeigen und wir als Kirche für die Menschen da sein, wenn „wir ihnen in den Krisen des Lebens Wege zu den Zufluchtsorten des Glaubens eröffnen und mit ihnen Wege gehen unter den Schatten der Flügel Gottes“, so Superintendent Pfr. Günter.

Nun ist Pfrn. Ruth Hansen im Vertretungsteam des Kirchenkreises angekommen und der Arbeitsschwerpunkt liegt im Moment hier in Letmathe, in der Zusammenarbeit mit dem Pfarr-Team, den anderen Gemeinden und deren Presbyterien. Wie sie ihr Angekommen selbst erlebt, konnte Superintendent Pfr. Günter aus dem Vorbereitungsgespräch zum Gottesdienst zitieren: „‘Hier ist es gut und richtig‘, hat sie gesagt und schaut mit Zuversicht auf die Region, in der sich gerade viel verändert und die sich neu finden muss und führte fort: ‚Es ist eine Gemeinde, die mit ihrer Lebendigkeit und Vielfalt mir sehr nahe ist. Mit großer Liebe zur Gemeinde und zum Glauben fühle ich mich hier gut aufgehoben. Ich bin dankbar für die Offenheit mir gegenüber. Trotz aller Abbrüche lebt die Gemeinde‘, so Pfrn. Ruth Hansen.“ Und an die Gemeinden gewandt sagte er: „Und als Ihr Superintendent, liebe Gemeinden aus Christus, Emmaus und Letmathe sage ich Euch und Ihnen heute die Wahrheit: Mit der Pfarramtlichen Verbindung sind Sie auf einem sehr guten Weg unterwegs. So wie sie unterwegs sind: offen, neugierig, mit Energie und neuen Ideen, mit der Bereitschaft zum Experiment, mutig und unbeirrt. Gehen Sie diesen Weg.“

Mit der Zusage der Gemeinden zur Annahme und guten Zusammenarbeit mit ihrer neuen Pfarrerin auf Zeit, führte er dann gemeinsam mit Pfr. Pollmann unter der Assistenz durch Pfr. Emmanuel Boango und Pfrn. Ulrike von Mayer und vielen Segensvoten die Einführung und Segnung durch.

Welch eine Zuversicht und welch ein Vertrauen: „Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug“ Hilde Domin

So verwegen und verrückt dieser Ausspruch klingt, so zeigt er doch die Zuversicht an, die es braucht, um in Zeiten, in denen die Welt brennt und in denen auch in unserer Kirche so vieles im Umbruch ist, den ersten Schritt zu wagen, so Pfrn. Ruth Hansen in ihrer Predigt. Ein Schritt, den auch die drei Gemeinden in der Pfarramtlichen Verbindung gewagt haben und nun spüren, dass da etwas Neues entsteht, das zu tragen beginnt. „Und plötzlich ist da eine Freude am Aufbruch, macht sich Zuversicht breit, entstehen mit Begeisterung gemeinsame Projekte und regionale Gottesdienste“, sagt sie. „Doch die Zuversicht meint kein Ignorieren oder Verdrängen der Probleme, vor denen wir stehen, sei es politisch, in den Gemeinden oder im persönlichen Leben.  Sie setzt sich nicht über die Schwierigkeiten hinweg, sondern sie sieht ihnen ins Auge. Sie weicht den Realitäten nicht aus.“

Für Pfrn. Ruth Hansen ist die Zuversicht eine Entscheidung, sich nicht ausschließlich auf das zu fixieren, was nicht läuft, sondern den Blick auf das zu lenken, was möglich ist. Aus ihr entsteht eine bewusste Haltung der Welt und den Menschen gegenüber. Dennoch bleibt sie ein Wagnis, das den Ausgang nicht kennt, sondern sich dem Leben anvertraut. Wenn du mich leitest, treuer Gott, so kann ich richtig laufen den Weg deiner Gebot.“ „Wohl denen die da wandeln“, im Gottesdienst, begleitet von Kirchenchor Letmathe, unter der Leitung von Christian Otterstein, gesungen.

Diese Zuversicht baut auf die Geschichten vom Gelingen, Erfahrungen, die Mut machen können. Persönliche Erfahrungen und Geschichten aus der Bibel über die Wege, die Gott mit den Menschen gegangen ist. Geschichten vom Gelingen, Geschichten vom Geleit, von Zusagen und Verheißungen Gottes, die große Geschichte der Gegenwart Gottes im Weg Jesu, die am Ende Leben eröffnet, wo alles verloren schien. Das in Erinnerung zu rufen und miteinander zu teilen ist dabei ganz wichtig.

„Zuversicht ist eine Ermöglichungskraft“

Die Gemeinden sind solche Erzählgemeinschaften des Glaubens, der Zuversicht und des Vertrauens. Erzählgemeinschaften im Glauben ans Gelingen im Unterwegsein mit Gott.

„In diesen schwierigen Zeiten ist diese gesellschaftliche Verantwortung dringender nötig denn je. Denn es braucht Menschen, die in allen Realitäten und vermeintlichen Sachzwängen, unermüdlich daran mitwirken, Gottes Gerechtigkeit in der Welt zur Sprache zu bringen. In diesem Sinne werde ich meinen Fuß weiter zuversichtlich in die Luft setzen und darauf vertrauen, dass die Luft, das Leben, dass Gott tragen wird.“

Und dann kamen im Anschluss an den Gottesdienst die Grußworte. Zwei, die es wissen müssen, Pfrn. Ulrike von Mayer, Koordinatorin der Vertretungsdienste und Pfr. Bernd Neuser, der in der Pfarramtlichen Verbindung viele Vertretungserfahrungen gesammelt hat, wiesen auf die Besonderheiten des Vertretungsdienstes hin.

„Vertretung ist eine sportliche Aufgabe, zu der man viele spielerische Fähigkeiten braucht“, so Pr. Neuser. Für eine begrenzte Zeit gemeinsam Kirche sein, wo es gebraucht wird, im Wissen, dass man wieder geht. „Saatgut streuen für einen Teamgeist, aus dem es wächst und blüht, bunt wie die Botschaft der Liebe und Gerechtigkeit,“ so der Wunsch von Pfrn. von Mayer, um ein Zeichen für die Zukunft unserer Kirche zu setzen.

„Und segne, was DU uns bescheret hast.“

 Iserlohner Senfsuppe, nicht zu scharf, doch mit der Würze, die es zu so einem Aufbruch braucht, wurde beim anschließenden Empfang im Dietrich Bonhoeffer-Gemeindehaus zu leckeren Häppchen gereicht. Miteinander teilen, ins Gespräch kommen, die Gemeinschaft feiern, sind Zutaten, die die Zuversicht stärken. Und etliche waren dabei.

Text und Fotos: Bernhard Laß