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Pfarrkonvent diskutiert mit Oberkirchenrätin über Perspektiven

Personaldezernentin Katrin Göckenjahn-Wessel stellte in Iserlohn die Personalplanung der Landeskirche vor

Um „Fragen der Personalentwicklung der EKvW“ ging es beim Pfarrkonvent des Kirchenkreises Iserlohn am Montag, 6. März, im Varnhagensaal, und damit um nichts weniger als die Zukunft des Pfarrberufes. Wie viele Gemeindeglieder kommen zukünftig auf eine Pfarrstelle, welche Aufgaben können die Pfarrerinnen und Pfarrer nicht mehr übernehmen, wie können diese Entwicklungen kommuniziert werden und wie kann trotz all des Drucks die Gesundheit geschützt werden – solche und weitere Fragen sollten an diesem Tag diskutiert werden. Um die Zukunftsperspektiven aus Sicht der Landeskirche zu schildern und auf diese Fragen zu antworten, war Oberkirchenrätin Katrin Göckenjahn-Wessel aus dem Theologischen Dezernat Personal der EKvW zu Gast.

Zu Beginn gestaltete passend zum Thema Anthea Haacke, die jüngste Pfarrerin im Kirchenkreis die Andacht. In vielen Gesprächen mit Menschen in unterschiedlichen Rollen habe sie erlebt, dass die Zukunft der Kirche durch viele Brillen betrachtet werde. Da gibt es zum Beispiel die Trauerbrille, „früher war alles besser“, die Angstbrille, die Wutbrille oder auch die Brille der Resignation. „Wie viel Raum geben wir diesen Emotionen?“, fragte Haacke und stellte diesen negativen Zukunftsaussichten noch eine andere Perspektive gegenüber: Die „2. Timotheus 1,7-Bille“. „Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“, heißt es in diesem Bibelvers und  Anthea Haacke forderte ihre Kollegi:innen dazu auf, durch diese Brille in die Zukunft zu schauen. Noch sei die Kirche auf der Suche, der perfekte Weg sei noch nicht gefunden, doch darin läge auch eine Chance und die Hoffnung auf „ein Stückchen Pfingsten“.

Superintendentin Martina Espelöer stellte anschließend die Referentin vor und wies dabei auch noch einmal auf die konkrete Situation im Kirchenkreis hin. Noch fünf Ruhestände kommen in diesem Jahr auf den Kirchenkreis zu. Diesen Faden nahm Katrin Göckenjahn-Wessel direkt auf: „Wir merken, die Veränderung ist in vollem Gange“. Sie zeigte die Prognosen der Landeskirche, wonach im Jahr 2026 knapp 3000 und im Jahr 2031 schon knapp 3900 Gemeindeglieder auf eine Pfarrstelle kommen. Dahinter stehe wohlgemerkt noch keine politische Entscheidung, das sei reine Mathematik, so Göckenjahn-Wessel. Grund für diesen Trend ist der Nachwuchsmangel, nicht etwa der finanzielle Aspekt.

Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken oder sich wenigstens gut vorzubereiten, hat die Landeskirche mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht. Dazu gehört vor allem die Nachwuchswerbung, die unter anderem durch das Projekt „Machkirche“ bereits einige Erfolge zeigt. Ein weiteres Instrument ist die Einteilung der Pfarrstellenentwicklung in Zeitkorridore, so dass eine verlässliche Planung für die Kirchenkreise möglich ist. Auch die Einführung der Interprofessionellen Pastoralteams (IPT) gehört dazu. Geprüft werden außerdem die stärkere Einbindung von Pfarrpersonen im Ruhestand sowie eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Berufs –  durch die Anhebung der Besoldung, aber beispielsweise auch durch eine neue Betrachtung der Wohnsituationen. Ein weiteres wichtiges Element sind die strategischen Impulse. Die relativ jungen Pfarrerinnen und Pfarrer – alle, die nach 1970 geboren sind – sind gemeinsam mit anderen kirchlichen Berufen im Mai zu einer Konferenz in Dortmund eingeladen, um unter dem Titel „Zukunft(s)gestalten“ über die Zukunft der Kirche nachzudenken. Das Motto: Gemeinsam Kirche aufbrechen.

Nach dem Vortrag gab es viele Fragen und Anmerkungen aus den Reihen der Pfarrer:innen. Tom Damm fragte nach, ob die Wechsel in eine andere Landeskirche ein Faktor seien. Zwar glichen sich in der EKvW die Ab- und Zugänge aus, grundsätzlich halte sie den Konkurrenzkampf zwischen den Gliedkirchen der EKD aber für „ruinös“, antwortete Göckenjahn-Wessel. Sie hofft, dass die EKD in dieser Hinsicht weiterkomme und es mehr Verabredungen untereinander gebe. Tom Mindemann warb dafür, nach der Pandemie den „Stier bei den Hörnern zu packen“ und genau zu überlegen, wie das Angebot in Zukunft aussehen kann. Dr. Björn Corzilius fragte nach den richtigen Instrumenten, diese Überlegungen auch in die Tat umzusetzen. Das Konzept IPT sei aus seiner Sicht zum Beispiel ein sehr gutes, könne aber in den aktuellen Strukturen kaum funktionieren. „Disruption würde gut tun“, stimmte Göckenjahn-Wessel zu.

Hartmut Görler fragte nach der Gesundheit im Pfarrberuf – ein Thema, dass viele seiner Kolleg:innen ebenfalls beschäftigte. Superintendentin Martina Espelöer stellte darauf hin einige Möglichkeiten vor, etwa die unterschiedlich langen Auszeiten, die durch den Vertretungspool aufgefangen werden können. Letztendlich müsse aber jeder Pfarrer und jede Pfarrerin auch lernen, Nein zu sagen. „Der Pfarrberuf lebte von einer großen Freiheit und er fußt auf der Kirchenordnung“, so die Superintendentin.

Trotz, oder gerade wegen der vielen Fragen, die endlich einmal ausgesprochen werden konnten, herrschte eine gute Atmosphäre und nach dem konstruktiven Austausch war deutlich der Wille zu spüren, gemeinsam eine gute Zukunft zu gestalten. Auf den Punkt brachte es schließlich Pfarrer Uwe Schulte, der berichtete, dass er in mancher Hinsicht gelitten habe in der Vergangenheit. Dies habe er auf sich genommen, „weil ich diesen Beruf wollte“, so Schulte, „und ich will ihn immer noch“.

Pfarrerin im Probedienst Anthea Haacke setzte nicht nur sprichwörtlich verschiedene Brillen auf.
Tim Haacke

Tim Haacke

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