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Ein „Zugvogel“ mit Langzeitaufenthalt ist weiter gezogen

Altena. Nachrodt. Wiblingwerde. Pfarrerin Anke Leuning hat die Arbeit in der neuen Trinitatis Gemeinde Mark in der Region Altena, Nachrodt, Wiblingwerde als Pfarrerin im Pastoralen Dienst im Übergang zum 31. Mai 2023 abgeschlossen. Sie war es, die über die vergangenen zwei Jahre und vier Monate gemeinsam mit den Beteiligten aus den drei Gemeinden den Weg des Vereinigungsprozesses als Pfarrerin im Pastoralen Dienst im Übergang gestaltet hat. Für die engagierte und erfolgreiche Arbeit, bei der sie sich mit klarer Sicht und großem Teamgeist auf den Prozess eingelassen und ihn verantwortungsvoll geführt hat, sprach ihr die Superintendentin einen ganz besonderen Dank aus, mit großer Zustimmung aus der neuen Gemeinde.
Bernhard Laß hatte zum Abschluss ihrer Tätigkeit die Möglichkeit ein Interview mit Pfrn. Anke Leuning über ihre Zeit in Altena, Nachrodt und Wiblingwerde zu führen.

Laß: Pfr. Wolfgang Kube hat Sie beim Geburtstagsfest der Trinitatis Gemeinde Mark an Pfingsten in Wiblingwerde einen „Zugvogel“ genannt, da Sie als Pfarrerin die Gemeinden immer nur für eine begrenzte Zeit im Übergang begleiten. Wie tief kann man sich dann in eine Gemeinde hineinbegeben und wie viel Distanz muss man sich bewahren?

Leuning: Bei dem Wort „Zugvogel“ musste ich etwas schmunzeln – immerhin war ich 2 Jahre und 4 Monate in der Region tätig. Das ist für einen PDÜ-Auftrag schon ungewöhnlich lang. Aber es war eine weitsichtige Entscheidung des KSV und der Landeskirche, meinen Auftrag 2 mal zu verlängern, damit der Prozess der Vereinigung nicht unterwegs steckenbleibt.
Als Pfarrerin im PDÜ weiß man, dass man nur für eine begrenzte Zeit in einer Region tätig sein wird. Es ist eine sinnvolle Tätigkeit, weil man die eigene Berufserfahrung aus den vielen Amtsjahren und das durch Fortbildung erworbene Knowhow anderen Gemeinden zur Verfügung stellen kann.
Nähe und Distanz sind im Pfarrberuf immer ein Thema. Als ich Anfang Februar 2021 in die Region Altena kam, befanden wir uns mitten in einem strengen coronabedingten Lockdown. So waren es zunächst mal äußere Umstände, die für viel Distanz sorgten. Das war nicht einfach… Aber trotzdem ist es gelungen, sogar in den Zoom-Konferenzen im RegionalExpress und in den Sitzungen der Presbyterien gut ins Gespräch zu kommen. Wenn man an einer gemeinsamen Sache arbeitet, ist das für eine begrenzte Zeit möglich. Gottesdienste und Gespräche – lange Zeit mit Maske – waren dann sehr anstrengend und herausfordernd. Im Laufe der Zeit gab es wieder normale Kontaktmöglichkeiten. Dabei sind mir einzelne Menschen dann doch ans Herz gewachsen, und den Abschied zu Pfingsten habe ich auch ein bisschen wehmütig erlebt.


Laß: Warum kann eine Person von außen im ‚Pastoralen Dienst im Übergang‘ Umstruk-turierungsprozesse besser bzw. anders begleiten als die Beteiligten es selbst können?

Leuning: Als Beraterin von außen hat man einen unabhängigen Blick auf die Strukturen einer Ge-meinde. Man kann wertfrei, unbefangen und auch kritisch nachfragen, warum etwas so gemacht wird und nicht anders. So bekommt man schnell einen Einblick über die Struktur und die Geschichte einer Gemeinde aber auch über die Befindlichkeiten von Gemeindegliedern. Für die Beteiligten vor Ort ist es wichtig, dass die Pfarrerin im PDÜ unabhängig ist, also keine eigenen Interessen und auch nicht die einer bestimmten Interessensgruppe verfolgt. So kann ein Stück Vertrauen wachsen. PDÜ ist eine Chance für Gemeinden, sich auf einen Veränderungsprozess einzulassen – auch weil jemand da ist, der oder die den Prozess vor Ort in die Hand nehmen kann.

Laß: Welche Erfahrungen würden Sie als besondere Höhepunkte der Arbeit beschreiben?

Leuning: Einerseits waren das einige pastorale Dienste, besondere Gottesdienste und Begegnungen mit Gemeindegliedern. Andererseits vor allem die Arbeit in der Steuerungsgruppe RegionalExpress und die für die Vereinigung notwendigen Beschlussfassungen. Die Entscheidung, auf ein IPT zuzugehen (Interprofessionelles Pastoralteam mit Gemeindepädagogin Nina Wetzstein, Pfarrerin Mara Schwäbe und Pfarrer Wolfgang Kube / Anm. Laß), habe ich schließlich als entscheidenden Durchbruch erlebt, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass ein interprofessionelles Leitungsteam einer Gemeinde gut tut und sie in vieler Hinsicht voranbringt. So habe ich auch den feierlichen Gottesdienst zur Einführung des IPT im Februar als Highlight erlebt.

Laß: Sicherlich gab es auch Tiefpunkte oder Durststrecken in der Arbeit im ‚RegionalExpress‘?

Leuning: Der RegionalExpress ist seinem Namen wirklich gerecht geworden und war bis zuletzt recht schnell unterwegs. Ich habe das Durchhaltevermögen der dort engagierten Presbyter*innen bewundert, die auch in schwierigen Situationen nicht aufgegeben haben. Die Flutkatastrophe hätte zu einer Arbeitspause führen können oder die weitere Pfarrstellenvakanz. Echte Durststrecken waren vor allem die fehlende Bewerbung auf die erste Pfarrstellenausschreibung und das mangelnde Interesse an einem möglichen Probedienst. Das war schwer auszuhalten, dass sich niemand für die Region interessierte. Es war ein schmerzlicher Prozess, die sich viel zu schnell verändernden Rahmenbedingungen zu begreifen: schnell sinkende Gemeindegliederzahlen, in Zukunft weniger Pfarrpersonal vor Ort, grundsätzlich mangelnder Nachwuchs beim Pfarrpersonal.
Neuen Fahrtwind gab es dann durch die Hoffnung auf ein IPT und die Entschlossenheit, an der Vereinigung der drei Gemeinden festzuhalten.

Laß: Welche Chancen sehen Sie für das neue IPT und wo sind die Stolpersteine?

Leuning: Die gottesdienstliche Einführung des IPT stand unter dem Thema „Ein Geist, viele Gaben“. Das ist die Grundvoraussetzung für eine gelungene Teamarbeit, dass Menschen mit unterschiedlichen Professionen gemeinsam unterwegs sind, bereit, sich zu unterstützen, voneinander zu lernen und Schwerpunkte zu setzen. Ich sehe das IPT als große Chance, mit den immer komplexer werdenden Herausforderungen für eine Gemeinde zurecht zu kommen und trotzdem aktiv und lebendig Gemeinde zu gestalten. Die ersten Monate haben schon etwas von dieser Lebendigkeit gezeigt. Zugleich ist die gelungene Anfangsphase des Teams ein möglicher Stolperstein, denn auch dem neuen Pastoralteam sind Grenzen gesetzt. Nicht alle Wünsche und Bedarfe von Gemeindegliedern können erfüllt werden. Hauptamtliche können nicht alles leisten und vor allem nicht selber machen. Gemeinde lebt von vielen, die sich engagieren und mitmachen. So wünsche ich dem Team, dass es gelingt, neue Ehrenamtliche zu gewinnen.

Laß: Wie fällt Ihr Fazit nach Abschluss des Umstrukturierungsprozess aus?

Leuning: Ich freue mich, dass die Vereinigung zur Trinitatis – Kirchengemeinde Mark gelungen ist und dass ich mit meiner Tätigkeit dazu beitragen konnte. Lösungen für Gemeinden in Veränderungsprozessen kommen nicht von außen, aber eine Pfarrerin im PDÜ kann – von außen kommend – helfen, dass der Prozess in Gang kommt. Rückblickend halte ich es für richtig, dass sich die Presbyterien ein Datum für die Vereinigung gesetzt haben. Das hat zwischendurch auch Druck aufgebaut, aber es war vor allem für das Erreichen des Zieles hilfreich.
Vielleicht gibt es ein Gefühl, dass es noch nicht rund läuft, doch das ist nach einem solchen massiven Einschnitt normal und vieles wird sich im Laufe der Zeit finden. Sowohl der Kirchenkreis als auch die Landeskirche haben den Vereinigungsprozess professionell begleitet und die Arbeit vor Ort unterstützt. Die Superintendentin, Frau Martina Espelöer, war mit mir in einem guten Austausch und auch für die Presbyterien in allen Phasen des Prozesses immer ansprechbar. Diese verlässliche Begleitung ist für den Fortschritt eines Vereinigungsprozesses von großer Wichtigkeit.
Mit Gemeindepädagogin Nina Wetzstein, mit Pfarrerin Mara Schwäbe und Pfarrer Wolfgang Kube geht es nun in Ihrer Trinitatis-Kirchengemeinde Mark in eine lebendige Zukunft.

Laß: Welche Aufgabe wartet jetzt auf Sie? Was packen Sie an?

Leuning: Nach der Vereinigungsfeier zum Pfingstfest in Wiblingwerde ging es für mich am 1. Juni gleich mit einem neuen Auftrag im Kirchenkreis Hattingen-Witten weiter. Im Kooperationsraum Witten-Ost wurden zeitgleich zwei Pfarrstellen vakant. Pastorale Dienste und das Ausloten weiterer Kooperationsmöglichkeiten in den Gemeinden gehören nun zu meinen neuen Aufgaben.

Bernhard Laß

Bernhard Laß

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