Kirchenasyl als Mittel gegen den Rückzug des Flüchtlingsschutzes
Um Kirchenasyl ging es beim Pfarrkonvent am Mittwoch, 28. September, im Varnhagensaal in Iserlohn. „Jede Kirche ist ein Asyl-Ort“, sagte Pfarrer Dr. Gottfried Abrath zu Beginn eines besonderen Konvents, der für die Anwesenden handfeste Informationen, aber auch beeindruckende Geschichten bereithalten sollte.
Pfarrer Helge Hohmann, Landeskirchlicher Beauftragter für Zuwanderungsarbeit und Studienleiter an der Ev. Akademie Villigst im Fachbereich Flucht, Migration und Integration, referierte über die biblischen und rechtlichen Grundlagen des Flüchtlingsschutzes sowie die politischen Zusammenhänge und Rahmenbedingungen des Kirchenasyls. „Die Not ist groß“, sagte Hohmann zu Beginn seines Vortrages, deshalb sei es wichtig, dass mehr Gemeinden als bisher offen für die Ausübung des Kirchenasyls werden. Die Kirche müsse die Menschenrechte verteidigen, die immer öfter relativiert und ignoriert würden. „Der Flüchtlingsschutz in der EU und in Deutschland ist auf dem Rückzug“, so Hohmann.
Schätzungen zufolge habe es seit 2015 etwa 15.000 Tote vor den Grenzen Europas gegeben. Damit sei es die Grenze mit den meisten toten Flüchtlingen weltweit. Eine immer stärkere Abschottung, illegale Push-Back-Aktionen und völkerrechtswidrige Abschiebungen fänden statt, konstatierte Hohmann – und das „in unser aller Namen“. Er berichtete von einer jungen Frau, die aus Nigeria vor Zwangsheirat und Genitalverstümmelung geflohen war, und nun von Frankreich wieder dorthin zurück abgeschoben werden soll. „Unter jeder Anfrage kann so eine Geschichte stehen“, mahnte Hohmann. Immerhin stehe die Landeskirche mittlerweile stärker hinter den Gemeinden bei der Frage des Kirchenasyls.
Um dieses Recht ausüben zu können, gibt es einige Regeln. So muss die Bitte um Kirchenasyl vom Flüchtling ausgehen und sie sollte die letzte Möglichkeit darstellen, eine Abschiebung abzuwenden. Das Kirchenasyl sollte nicht „ein Aspekt im Portfolio“ werden, betonte Superintendentin Martina Espelöer. Der KSV arbeite bereits an einer festen Summe, die pro Kirchenasyl an die Gemeinden ausgezahlt werden kann. Darüber hinaus brauche es einen Unterstützerkreis. Die Superintendentin ermutigte außerdem, sich bei Fragen an die Erlösergemeinde zu wenden, die bereits viele Fälle erlebt hat.
Einen solchen Fall schilderte Christiane Böhm. Ein irakisches Ehepaar mit zwei Kindern fand in der Erlöserkirche Zuflucht. Böhm berichtete von einer langen Reise und großer Angst, am Ende aber wieder Hoffnung und Lachen. „Es lohnt sich für jedes Lachen der Familie.“
Zum Abschluss berichtete Stefan Ghafur von seinen eigenen Fluchterfahrungen. Der 28-jährige Kurde stammt aus dem Nord-irak aus einer islamischen Familie, konvertierte aber 2017 zum Christentum. „Meine Taufe werde ich niemals vergessen“, erzählt er. Seine Familie kann nicht ertragen, dass er Christ ist und hat keinen Kontakt mehr zu ihm. In seiner Heimat droht im Verfolgung und Tod. In Schweden, wohin er zunächst geflohen war, sollte er jedoch abgeschoben werden.
So floh er nach Deutschland und landete in Iserlohn. „Ich habe immer gebetet“, erinnert er sich. Auf der Suche nach einer evangelischen Gemeinde landete er schließlich in der Erlöserkirche. Ängstlich zunächst kam er in den Gottesdienst, wo er neben einem Mann saß, der wie sich später herausstellte selbst nur selten in die Gemeinde kommt. Doch an diesem Morgen konnte er nicht schlafen und hatte das Gefühl, kommen zu müssen. Er sprach schwedisch und konnte so mit Stefan Ghafur kommunizieren. So fand dieser schließlich in der Erlösergemeinde Asyl.
Heute ist sich der 28-Jährige sicher: „Es war alles geplant für mich. Gott hat mir geholfen, das ist mein Weg.“ Er ist mittlerweile Presbyter und hilft nun selbst anderen Menschen, die auf der Flucht sind und keinen anderen Ausweg haben. „Vielen Dank für deine Geschichte. Vielen Dank, dass du da bist“, sagte Superintendentin Martina Espelöer. Sie bedankte sich auch bei allen, die sich für den Schutz der Geflüchteten einsetzen. „Da ist eine große Kraft, von der wir leben dürfen.“


