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Der Geburt folgt das Leben! Was folgt dem Tod?

Ostergruß von Superintendent Oliver Günther

Wofür lebe ich? Warum leide ich? Wie halte ich der Fragilität des Lebens stand? Was ist Liebe? Wie finde ich Vergebung? Was darf ich hoffen? Solche Fragen gehören in die Kategorie des Mysteriums. Und doch braucht der Mensch Antworten!

Liebe Schwestern und Brüder im Ev. Kirchenkreis Iserlohn!

Jeder weiß, was eine Geburt ist. Was es mit der Auferstehung auf sich hat, weiß keiner so genau. Mit der Erfolgsgeschichte von Weihnachten kann Ostern, das Fest der Auferstehung, das wir in ein paar Tagen feiern, nicht mithalten. Auferstehung bewegt sich außerhalb des uns bekannten Erfahrungsraums. Es ist das wunderlichste aller Wunder. Es ist ein geheimnisvolles Versprechen unseres Glaubens, das im Leben beginnt und auch im Sterben gilt: die Überwindung des Todes.

»Jetzt ist erst einmal Ostern!« Das heißt nicht, dass das Leben plötzlich stillsteht oder aufhört. Ganz im Gegenteil: Zu Ostern strahlt das Leben. Es erwacht. Es bricht sich Bahn. Es findet einfach statt. Ostern ist eine heilsame Unterbrechung all der Dinge, die uns fordern und manchmal auch überfordern. Jetzt ist erst einmal Ostern!

Ostern ist das Fest der Auferstehung vom Tod: Jesus, von seinen Anhängern für den Messias gehalten, wird von den römischen Behörden als politischer Revolutionär hingerichtet. Nach seinem Tod sollten seine Jünger schweigen und auseinanderlaufen, doch das glatte Gegenteil ist der Fall. Sie reden vom leeren Grab des Messias und dass er auferstanden sei. Nicht sofort, aber bald nach seinem Tod. Sie erzählen davon, dass er ihnen auf wundersame Weise erschienen sei, Einzelnen und auch mehreren auf einmal, er ist gleichzeitig hier und dort. Die Gesetze von Raum und Zeit sind außer Kraft. Oder genauer gesagt: Auferstehung ist mit den Kategorien von Raum und Zeit nicht erfassen. Mit den Maßstäben, die uns zur Verfügung stehen, ist Ostern nicht messbar.

Jesus taucht wie aus dem Nichts leibhaftig auf, aber wenn sie ihn berühren wollen, verbietet er es. Wenn sie ihn festhalten wollen, entzieht er sich. Er spricht sie an, aber sie erkennen ihn nicht sofort. Er sei der Gärtner, meint zunächst die eine. Er sei ein fremder Wanderer, meinen die anderen. Sie sagen, er sei leibhaftig bei ihnen, wenn sie miteinander essen. Sie erklären, ihre Gemeinde sei nun sein Leib. Sie verlieren die Angst vor dem Tod und behaupten, sie würden einst auferstehen wie er.

Für Nichtchristen klingt das alles wie ein Drehbuch für einer Science-Fiction-Soap. Den Nichtgläubigen sind die Geschichten von der Auferstehung Jesu ein Rätsel, irgendwie spooky, wie aus einer anderen Welt, nicht real, seltsam, nicht zu glauben. Sie enträtseln es, indem sie es als Einbildung oder Gruppenwahn abtun oder es dem überholten magischen Weltbild zuschreiben. Sie entdecken das Wunder allenfalls in den großartigen Kunstwerken, für die biblische Erzählungen die Vorlage und der Glaube an sie die Leidenschaft zusteuerten.

Gläubigen Menschen ist die Auferstehung kein Rätsel, sondern ein Mysterium, ein Geheimnis. Ein Rätsel löst man. Ein Mysterium ist unlösbar. Es offenbart sich einem, und dann verhüllt es sich wieder. Es erschließt sich und bleibt doch unvernünftig. Mit einem Rätsel ist man fertig, wenn man es gelöst hat. Mit einem Mysterium wird man nie fertig. Die großen Fragen des Lebens gehören zur Kategorie des Mysteriums: Wofür lebe ich? Warum leide ich? Wie halte ich dem Tod stand? Was ist Liebe? Wo finde ich Vergebung? Was darf ich hoffen? Dies sind keine Fragen, die abschließend gelöst und beantwortet werden könnten. Sie begleiten einen aber bis in den Tod. Und vielleicht sind sie eben deshalb die zentralen Fragen unseres Daseins. Sie müssen gestellt werden, obwohl und weil sie nicht gelöst werden. Sie wollen gelebt werden.

So wünsche ich Ihnen die Offenheit, sich zu Ostern auf Mysterium des Glaubens einlassen zu können. Christus ist nicht die Antwort auf alle Fragen. Aber Christus ist die zentrale Antwort auf die Frage, was dem Tod folgt: Leben in seiner ganzen Fülle. Leben im Frieden. Leben ohne Begrenzungen. Leben ohne Einschränkungen. Leben pur.

Ich wünsche Ihnen friedvolle Ostertage, Wunderoffenheit, geheimnisvolles Staunen und fragendes Unterwegssein im Glauben.

Gottes Segen sei mit Ihnen!

Oliver Günther
Superintendent