Kunst, Kultur, Kirche
„Die Künstler kultivieren unsere Sinnlichkeit, beschenken unsere Augen und Ohren mit Nie-Gesehenem, Unerhörtem, beeindrucken unser Gemüt und erweitern unser Denken“, konstatierte der Kunsthistoriker Peter B. Steiner. Kunst, Kultur, Kirche verbindet eine zentrale Blickrichtung: Der Mensch. Es geht um sein Leben in der Welt, sein existentielles Fragen und Suchen sowie um Themen wie Glück, Sinn, Wahrheit, Glaube, Leid, Tod, Sehnsucht, Arbeit, Sexualität … und um Transzendenz. * Mitunter wirkt Kunst sperrig. Es gilt, sich ihr auszusetzen und auszuhalten, dass nicht sofort zu erkennen ist, welche Bedeutung das jeweilige Kunstwerk hat. Es gilt anzuerkennen, dass Kunst eine Bedeutung in sich hat und aus sich heraus wirkt. Zeitgenössische Kunst folgt nicht unmittelbar der Seh-, Hör- und Erfahrungsgewohnheit des Alltags. Sie ist herausfordernd, manchmal provozierend. In jedem Menschen bewirkt Kunst eine andere Resonanz, führt zu anderen Ein- und Aus-Sichten. Es braucht daher Zeit für individuelle und gemeinschaftliche Auseinandersetzung mit Kunst: Wozu rüttelt sie auf? Wohin führt sie uns? Welche spirituellen Bezüge eröffnet sie?
Kirche ist „Kulturgut-Erhalterin“
Kirche ist im historischen Sinne „Kulturgut-Erhalterin“. Die Herausforderung für Kirche besteht darin, für heutige Kulturschaffende anschlussfähig zu sein und neue Formate zu kreieren. Kirche hat eine kulturelle Verantwortung, denn es bestehen „vielfache Beziehungen zwischen der Botschaft des Heils und der menschlichen Kultur“ (GS 58 – zweites vatikanisches Konzil 1965).
Kirchliches Handeln ist kulturelles Handeln, Mitwirkung an der Menschwerdung der Gesellschaft auf der Basis des Evangeliums Jesu Christi. Es geht dabei nicht vordergründig um christliche Kunst und Kultur, sondern um kulturelles und künstlerisches Wirken auf der Basis christlicher Verantwortung.
(*Transzendenz beschreibt den Bezug auf einen Gegenstandsbereich, der jenseits möglicher Erfahrung bzw. vorfindbarer Wirklichkeit liegt.)
Weiterentwicklung braucht Bestärkung, positive Resonanz
Seit 1710 hat auch diese Reformierte Kirche hier schon einen sich stetig wandelnden Weg hinter sich gebracht, entwickelt sich aber auch stets weiter, passt sich der sie füllenden Gesellschaft an, wie man hier sieht. Sie lebt mit den Menschen, die sie besuchen und nutzen. Diese Weiterentwicklung wünschen wir uns für diese Reformierte Kirche. Den „einfacheren“ Weg gehen wir jeden Tag, indem wir unseren Besuchern den „Raum der Stille“, spirituelle Erfahrungen, die wohltuende und heilende Auseinandersetzung mit verschiedenster Kunst eröffnen. Hier findet täglich Weiterentwicklung in diesem Kirchraum statt. Zu dem Thema „Kunst verbindet“ hatte wohl jede ( r ) von uns eine ganz individuelle Assoziation. Ein Begriff – und für jeden entstehen andere Bilder im Kopfkino. Der Mensch ist da so kreativ wie sein eigenes Erfahrungsspektrum.
„Brücken bauen“ und gestalten
Das Team REFORMIERTE. kirche innenstadt.AKTIV und alle Unterstützer entdecken gerade die Mehrfachbedeutung eines eigentlich „eindeutigen“ Gedankens: „Kunst baut Brücken, Kunst verbindet“. In diesem Sinne wünschen wir uns gemeinsam mit unseren bereits bisherigen Unterstützern weitere Personen, Gruppen, Einrichtungen, Institutionen, die diesen Prozess begleiten und mitgestalten möchten. Zudem ist die bürgerliche Stadtgesellschaft heute – wie damals zu Beginn- herzlich eingeladen, die Reformierte Kirche zur unentbehrlichen Mitte der Innenstadt werden zu lassen. Seit 1710 steht sie für die Identität der Innenstadt, ihren Bewohnern, den Angestellten in Handel und Gewerbe, der sie aufsuchenden Besucher.
Das „hörende Herz“ bewahren
Sie heißt alle Konfessionen, alle Nationen, willkommen. Sie ist im doppelten Sinne eine „offene Kirche“. Mögen wir stets die finanziellen Mittel haben, dieses Kleinod im Zentrum zu erhalten, stets Gastgeber sein zu können, stets das „hörende Herz“ für alle Besucher und ihre Anliegen zu haben, die Türen des Hauptportals einladend weit geöffnet.
(Jeder „Beitrag“ stärkt dieses Projekt: In Einsatzstunden, durch finanzielle Mittel, Kooperationen – auch da blicken wir offen und frohen Mutes auf Menschen, die sich -in welcher Form auch immer- einbringen wollen und sind dankbar dafür.)
Text und Fotos: Bettina Pelters
Foto: Das aktuelle Team „REFORMIERTE. kirche innenstadt. AKTIV“