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Glückauf und Halleluja – Vom Wegreißen, um Neues entstehen zu lassen

Menden. „Der Maurer und der Zimmermann, mit Stolz er es nun sehen kann.“ Hoch oben auf dem Dach des Rohbaus des neuen Kindergartens auf dem Christushügel der evangelischen Kirchengemeinde in Lendringsen in Menden steht der Zimmermann. Mit sichtbarer Freude ruft er den Richtspruch der unten auf der Erde stehenden Besuchermenge zu und mit einem Dank an Gott in den Himmel. In großer Zahl haben sie sich an diesem besonderen Tag aufgemacht und sind zum Richtfest gekommen.

Richtfest feiern

Doch zuvor, wurden die Gäste von Pfarrer Dr. Björn Corzilius zu Beginn des Festaktes an der Kirchentreppe, gemeinsam mit den leitenden Vertreter*innen aller beteiligten Gewerke, Investoren und späteren Nutzer*innen, mit dem Ruf: „Seid ihr alle da?“ begrüßt.  Und wie sie alle da waren. Von den Gästen aus Politik, Verwaltung und Handwerk, Kirchenkreis und Gemeinde, den Eltern und Kindern, Geldgebern und Ehrenamtlichen, zukünftigen Bewohner*innen und Betreuer*innen und vielen mehr kam mit Nachdruck die Antwort „Ja!“.  Sie alle wollten dabei sein, wenn an diesem Tag auf dem Gelände rund um die Kirche mit gleich zwei Richtfesten hintereinander ein wichtiger, sichtbarer und begehbarer Schritt in der Quartiersentwicklung gegangen wird. Ein neuer Kindergarten und ein Appartementhauses für Betreutes Wohnen entstehen.

Fünf Jahre ist es her, dass die Planung für das ‚Quartier an der Christuskirche – Evangelisches Lebenszentrum Lendringsen‘ begonnen wurde.  Auch wenn die endgültige Fertigstellung der beiden Gebäude, trotz heutigem Richtfest, erst im Jahr 2023 vollendet sein wird, so werden damit im Sozialraum Lendringsen, zusammen mit dem noch geplanten Gemeinde- und Stadtteilhaus, fehlende Projekte ergänzt und bestehende bereichert.

Der Anstoß

Vielleicht hat die Kreiskirchliche Visitation der Kirchengemeinde Lendringsen in Menden im Jahr 2010 den Anstoß für die Idee des Projekts gegeben. Darin war festgestellt worden, dass  das alte Gemeindehaus mit über 1000 m² Nutzfläche viel zu groß, völlig unpraktisch für die zukünftigen Belange der Gemeinde und darüber hinaus unwirtschaftlich sei und deshalb auf Dauer nicht zu halten ist.

Die richtigen Entscheidungen zu treffen braucht seine Zeit. „Abbrechen hat seine Zeit und Bauen hat sein Zeit“, erinnerte Ralf Gütting  Leiter der Stabsstelle Struktur und Entwicklung des Ev. Kirchenkreises Iserlohn, der von Anbeginn an in das Projekt eingebunden war. Doch vor Abbruch und Neubau bedurfte es einer sorgfältigen Planung und Konzeptionierung, ohne die der Weg in die nachhaltige Quartiersentwicklung nicht gelingen konnte. Eine Idee entstand entlang des festgestellten Bedarfs. Ein Kindergarten, ein Gemeinde- und Stadtteilhaus und ein Appartementhaus für Betreutes Wohnen sollten entstehen.

Partner gesucht

Um so ein Projekt umzusetzen braucht es mehrere Partner. Ein Investor, ein Architekturbüro, ein oder mehrere Bauunternehmen mussten gefunden werden, die sich für das Bauvorhaben begeistern lassen, die Kapazität haben und die notwendige Professionalität einbringen.

Grundstock des Vorhabens war das Grundstück der Kirchengemeinde und dazu das Kapital für den Bau des Gemeinde- und Stadtteilhauses, doch für den Bau der Kindertagesstätte und des Betreuten Wohnens musste ein Inverstor gefunden werden.

Investor und Bauherr

Die Mendener Bank wurde als Erbbauberechtigter und Bauherr der beiden Gebäude gewonnen. Vom Vorstand der Mendener Bank war es Florian Steuer, der die Grüße überbrachte und deutlich machte, dass die Themen Inklusion, Kinder- und Jugendbetreuung sowie Gemeinde- und Seniorenarbeit immer schon Teil des sozialen Engagements  der Mendener Bank in und für Menden war und sie sich so gerne der Sache als Investor und Bauherr angenommen haben. „Nach Fertigstellung werden wir der evangelischen Kirchengemeinde Lendringsen die neue, attraktive Kindertagesstätte als Mietobjekt langfristig zur Verfügung stellen. Die Kindertageseinrichtung bekommt zukünftig eine zusätzliche Gruppe, so dass in dem Neubau vier Gruppen Platz finden werden – und damit auch erstmals Kinder unter drei Jahren.
Als Mieter der dann insgesamt 14 Wohneinheiten mit Betreuung im neuen Appartementhaus haben wir die Diakonie Mark Ruhr eng an unserer Seite“, so Steuer.

Bauplanung

Der Plan dazu kam vom Architekturbüro post welters + partner aus Dortmund, das 2018 den Architektenwettbewerb für das gesamte Quartier gewonnen hatte. Mit Freude und Dankbarkeit schaute Sven Grüne, Architekt von Post Welters, in seiner Ansprache auf das Erreichte, weil es 1. einen mutigen Bauherrn gibt, der 2. intelligente Nutzer gefunden hat, die wissen, was sie haben wollen und 3. mit dem Generalunternehmer matterio Bauleute, die ihr Handwerk verstehen. Ihnen, den Handwerkern galt an diesem Tag der besondere Dank. „In so einer Zusammenarbeit lässt es sich gut planen, entwerfen und entsprechende ökologische Aspekte können berücksichtigt werden. Die bestehen hier u.a. in der Holzbauweise der Gebäude, der Nutzung von Wärmepumpen und der Erhaltung großer Grünflächen mit dem alten Baumbestand“, sagte er abschließend.

Die Wohnanlage, in der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die einen hohen Unterstützungsbedarf haben Platz finden, ist ein echtes Pilotprojekt. „14 Appartements entstehen, zudem ein Gemeinschaftsbereich, der von allen Bewohnern genutzt werden kann. Dadurch ist ein maximal selbstbestimmtes Leben möglich und dennoch bekommt jede und jeder so viel Unterstützung, wie er braucht“, erklärt Christian Müller, Geschäftsführer der Diakonie Mark-Ruhr, Teilhabe und Wohnen.

Sämtliche Bereiche des neuen Quartiers werden miteinander verbunden, um wertvolle Begegnungen zu schaffen und Berührungsängste abzubauen. Ein Sinnesgarten wird das durchdachte Wohnprojekt vollenden. „Wir liegen mit dem Bauvorhaben voll und ganz im Zeitrahmen, so dass bis Sommer 2023 Kindergarten und Wohnanlage stehen,“ wird von allen Seiten bestätigt.

Wie es werden soll

Doch noch ist das Quartiersgelände eine Baustelle, auf der man zwar mit den beiden Rohbauten erste große Fortschritte sehen kann, aber sich das, erst mit Flatterband abgesteckte Gemeinde- und Stadtteilhaus, den Fahrstuhl an der Kirche, der sie barrierefrei machen wird und die schönen Anlagen dazwischen vorstellen muss. Einen ersten tieferen Eindruck bekommen die Besucher*innen als sie den Rohbau des Kindergartens betreten. Dort wartet im Treppenhaus eine große Gruppe Kinder, die ihr neues Reich auch zum ersten Mal an diesem Tag erkunden durften. Sie haben mit der Leiterin und dem Erzieherinnenteam ein extra für den Anlass gedichtetes Lied eingeübt, das sie nun singen, um die Gäste zu begrüßen. Der Duft von frischem Holz und die großzügigen Räumlichkeiten lassen erahnen, dass hier in wenigen Monaten fröhliche Kinder durch das Haus sausen und ihren Tag verbringen.

Im Anschluss geht es hinaus zum Richtkranz. „Segne Vater tausend Sterne …“, singen die Kinder, während der Richtkranz zusätzlich mit Gebetsbändern versehen und mit einem Gebet und Segen vom Kran in den Himmel gezogen wird. Hoch oben vom Dach wird von einem der zwei dort stehenden Zimmermännern der Richtspruch gelesen zu einem Haus „in dem das Kind den Weg ins Leben find“ und immer ein Lachen zu hören sein soll. Und dazu darf der Segen Gottes nicht fehlen, der sich über den neu erstellten Häusern legen möge.

Danach geht es zum zweiten Neubau, an dem die Gäste von einer Band aus möglichen zukünftigen Bewohner*innen und Betreuer*innen musizierend begrüßt werden. Das Haus ist mit seinen 14 Appartements komplett barrierefrei und zum Teil speziell für Rollstuhlfahrende ausgelegt. Hier in dieser schönen Anlage und Umgebung in noch bezahlbarem Wohnraum leben zu können, kann die Einbindung von Menschen, die Schwierigkeiten und Besonderheiten erlebt haben, gelingen. Denn hier im Quartier, dem Lebenszentrum, liegt der Fokus gerade nicht auf den Besonderheiten, sondern auf dem Dazugehören!

Das betonte auch die Superintendentin, Martina Espelöer, die beim anschließenden Empfang in der Kirche ihr Grußwort sprach. Nach einem kurzen Rückblick auf die Stationen der bisherigen Entwicklung des Projektes stellt sie besonders auch im Hinblick auf die Adventszeit fest: „Es wird“, und sieht die Gemeinde, in der Zusammenarbeit mit allen Partnern in einem guten Aufbruch unter Gottes Segen, die mit ihrem Engagement für die Menschen in der Gemeinde und dem Stadtteil Gutes bewirken.

Eine gute Zusage

Dem schloss sich der Bürgermeister der Stadt Menden, Dr. Roland Schröder, direkt an und bedankte sich für die schöne Partnerschaft im bürgerschaftlichen Engagement. „Sie sollen wissen, Sie haben einen Freund im Rathaus, der mit Wohlwollen das Projekt begleitet. Denn diese Kirche hier ist nicht nur ein liturgischer Raum, sondern in ihr wird gelebt. Das neue Zentrum ist für den Stadtteil Lendringsen eine Lebensader, die in den Dorfkern reicht.“

Zwei Richtkränze hängen hoch über dem Gelände und die angebundenen Gebete flattern im Wind, dem Himmel ganz nah, während die Menschen zurück in ihren Alltag gehen. Schon bald werden sie wiederkommen und die Gebäude besiedeln.

Bernhard Laß

Bernhard Laß

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