Blauer Himmel, Sonne und angenehme Temperatur lockten an diesem Sonntagabend viele auf den Kirchplatz. Fast genau auf den Tag vor einem Jahr, am 22.9.2022, hatten Ehrenamtliche die Kirche ausgeräumt und die Schätze eingelagert. Die Wiedereinweihung der Obersten Stadtkirche nach langer Renovierung stand nun endlich unmittelbar bevor.
Die „alte Dame“ strahlte an diesem Abend mit dem Spätsommer um die Wette.
Die Evangelische Kantorei Iserlohn unter der Leitung von KMD Hanns-Peter Springer und der Posaunenchor, geführt von Stefan Beumers, umrahmten die Textbeiträge musikalisch.
Auf dem Kirchplatz hatten sich Superintendentin Martina Espelöer, Pfarrer Dirk Ellermann der Versöhnungsgemeinde und Pfarrerin Brigitte Zywitz vom Burgarchiv eingefunden.
Votum aus Psalm 27
Pfarrer Ellermann begrüßte die Anwesenden, Martina Espelöer sprach das Votum zum Einzug aus Psalm 27. Erwartungsvolle Stille senkte sich über den Kirchplatz. Denn lange hatten die Menschen ihren Klang vermisst: Nun endlich läuteten die Glocken wieder. Ein hochemotionaler Moment für viele Anwesende.
Der Posaunenchor spielte zum Einzug das „Allegro“ von Guiseppe Sammartini.
Küster Klaus Behlau und Küster Robert Wiedermann gingen an der Spitze, Robert trug die entzündete Osterkerze. Es folgten Kathi Schöttler mit der Bibel und Pfarrerin Brigitte Zywitz mit der neuen alten silbernen Taufschale. Pfarrer Dirk Ellermann und Superintendentin Martina Espelöer bildeten den Abschluss.
„Tut mir auf die schöne Pforte, ach wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein!“ Aus vollem Herzen spielte der Posaunenchor dieses Lied 166 aus dem EG. Gemeinde und Ev. Kantorei Iserlohn, Posaunenchor und die Orgel intonierten die erfüllte Sehnsucht nach der Rückkehr in die Oberste Stadtkirche.
Grußwort des Pankratius
Alsdann richtete Pankratius ein Grußwort an die Besucher. Dabei war er auf allen im Kirchraum verteilten Bildschirmen zu sehen in Gestalt der über 500 Jahre alten Holzskulptur. Gesprochen wurden seine Worte von Pfarrerin Rahel Schöttler.
Die Kantorei trug das „Magnificat!“ vor.
KMD Ute Springer sowie Susanne und Bernhard Oberle trugen zur musikalischen Umrahmung des Gottesdienstes bei.
Während der Posaunenchor „Bleib bei uns“ von H. J. Eisler erklingen ließ, wurden „Vorher-Nachher-Fotos“ auf den Bildschirmen gezeigt, die Julia Syré gefertigt hatte während der Renovierungsphase.
„Die Oberste- suchet der Stadt Bestes!“
In seiner Predigt ging Vizepräsident i. R. der Landeskirche Albert Henz ein auf seinen Gedanken „Die Oberste- suchet der Stadt Bestes!“: „Die Kirche“ in Iserlohn hatte das erste Waisenhaus in Iserlohn für die hilfsbedürftigen Kinder gegründet. „Die Kirche“ begründete direkt nebenan, wo sich heute das „Burgarchiv“ befindet, das erste Gymnasium in Iserlohn. Vor vielen Jahren gründete „die Kirche“ das Sozialzentrum „Lichtblick“, welchem heutzutage eine wichtige Rolle in der Unterstützung sozial schwacher Mitbürger zukommt. Kirchliche Unterweisung, Jugendarbeit, Kulturarbeit, die Liste ließe sich mühelos fortsetzen, stellte Albert Henz fest, denn „Kirche“ sei aus dem Alltagsleben nicht wegzudenken, so vielfältig seien ihre Aufgaben. „Kirche“ arbeitet zum Wohl der Stadt, zum Wohle der Armen. Und er forderte alle auf: „Lasst uns dies auch in Zukunft tun! Amen!“
Marienkirche
Zurückkommend auf das zuvor von der Kantorei gehörte „Magnificat!“ predigte Pfarrer Dirk Ellermann „die Marienkirche-Magnificat!“. Im 13. Jahrhundert, im Ursprung, war es die Marienkapelle. 1366 wurde sie erstmals so benannt, das sei belegbar, trug er die Geschichte der „alten Dame“ vor. Durch An- und Umbauten wurde sie im 14. Jhdt. zur Marienkirche. Die Marienbilder, zuvor am Klappaltar, zeugten davon. Ihr Platz ist seit langem an der Innenwand der Kirche.
Evangelische Oberste Stadtkirche
1830 erhielt die „Marienkirche“ offiziell den Namen „Evangelische Oberste Stadtkirche“. Für den heutigen Wiedereinweihungstag hat sie sich „aufgebrezelt“, wurde „rausgeputzt“, machte Dirk Ellermann ihre Entwicklung deutlich. Er wünschte für die Marienkirche: „Wende dich den Menschen am Fritz-Kühn-Platz zu, helfe der neuen Einrichtung „Haltestelle“ am Bilstein, sei mit den Frauen der katholischen Kirche auf ihrem neuen Weg zu notwendigen Aufgaben, sei mit den Flüchtlingen. Gib den Menschen eine Sprache, wenn die Worte in ihnen steckenbleiben, gib auch den „Tik-Tokern“ eine Heimat. Marienkirche-sei gesegnet für deinen Dienst. Amen!“.
Altes bewahren und Neues gestalten
Wie im Votum vor dem Einzug war auch in der Predigt Psalm 27 (vgl. Vers 4-5) bedeutend für Superintendentin Martina Espelöer. Kirche sei zu allen Zeiten ein Schutzort auf dem Bilstein, auf dem „Fels“. Jeder neue Weg bedürfe eines ersten Schrittes- und so habe sich eine „task force“ gebildet, nicht so militärisch wie der Begriff vermuten ließe, aber sehr effizient organisiert. Einmal wöchentlich habe sich ein „harter Kern“ getroffen, um die nächsten Schritte zu planen und die bereits gemachten zu überprüfen. Diesen „starken Kern“ habe es auch gebraucht, um dieses anspruchsvolle Projekt zu stemmen. Denn die Kostensteigerungen liefen der Planung in der Zwischenzeit regelrecht davon.
Superintendentin Espelöer zeugte allen haupt- und ehrenamtlichen beteiligten Mitwirkenden großen Respekt für ihren geleisteten Einsatz. Nun dürften sich alle an dem erreichten Ergebnis erfreuen, wie z. B. an der neuen Video- und Tontechnik, aber auch an der atemberaubenden Lichttechnik.
Martina Espelöer ermunterte dazu: „Mensch sein, „mit-sein“, auch: Teilen, was wir haben und schenken, was wir haben.“
Schiefertafel mit Segen als Dank
Gemeinsam mit Pfarrer Dirk Ellermann und den Presbytern dankte sie den zahlreichen Akteuren und bat, nach vorne zu kommen, denn eine Schiefertafel aus der Marienkirche mit Segensspruch solle „die Macher“ -hier überreicht- an ihren starken Einsatz für die Oberste Stadtkirche erinnern.
Ein sehr bewegender Moment war das von Kantorei und Gemeinde gemeinsam gesungene, vom Posaunenchor gespielte Lied „Verleih uns Frieden gnädiglich“ (Nagel). Wie innig dieser Wunsch in den singenden und musizierenden Menschen lebendig war, wurde deutlich spürbar. Mit dem Segen der Superintendentin, dem musikalischen Ausklang, dem Auszug auf den Kirchplatz endete dieser Wiedereinweihungsgottesdienst und ging nahtlos über in einen Sektempfang bei herrlichem Sonnenschein auf dem Platz zwischen Lutherhaus und Oberste Stadtkirche.